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Gala der Jungen Stimmen

Festlicher Opernabend mit dem Rektor der Musikhochschule Nürnberg und dem Opernsänger Siegfried Jerusalem zusammen mit Studierenden seiner Gesangsklasse


Die Aula des Rückersdorfer Blindeninstituts stellte am Freitagabend für gut zwei Stunden die Bretter’ zur Verfügung, die für junge aufstrebende Künstler die Welt bedeuten. "Kammersänger Prof. Siegfried Jerusalem lädt ein zu einer Gala der jungen Stimmen" war das Konzert aus der Reihe "Musik in Scheune und Kapelle" überschrieben. Und im Mittelpunkt der acht Sängerinnen und Sänger aus der Meisterklasse Jerusalem stand die Oper: als musikalisch-geistige Grundhaltung, als gesangstechnisch und stimmklangliche Anlage, als gestalterisch-darstellerische Verve. Oper, das ist eben bedeutend mehr als ,nur die Gnade’ einer klangschönen Stimme, großen Volumens und gesangstechnischer Geschmeidigkeit, Oper ist ein übergreifendes künstlerisches Prinzip. Die jungen Künstlerpersönlichkeiten tragen die innere Faszination dieses Prinzips in ihre Vorträge und damit zugleich in ihr Publikum, das sich mitreißen ließ und den Abend, den Siegfried Jerusalem eloquent moderierte, immer wieder mit aufbrausend stürmischem Applaus begleitete.

Mit federleichter Spielerischkeit eröffneten Silvia Heil und Roland Klappstein mit der Duettfassung des "Wie komm’ ich denn zur Tür herein" aus den Volksliedern von J. Brahms den Abend und federleichte Spielerischkeit zeigen die beiden auch in der ,Pa-Pa-Pa"-Szene aus Mozarts Zauberflöte. Daneben wissen sie sich als Solisten einzubringen: Roland Klappstein mit dem "Rheinlegendchen" aus Mahlers "Wunderhornliedern" vermittelt den Gestus des ursprünglich für Orchester und Gesang geschriebenen Liedes und Silvia Heil spürt der Intimität des Hugo Wolf’schen "Auch kleine Dinge können uns entzücken" nach.

Aber insgesamt sind es die großen musikalischen Formungen, wie Barbara Pichlbauers Vortrag des ebenfalls als Orchesterlied geschriebenen "Irdischen Lebens" von G. Mahler, für dessen innere Dramatik sie eindringlichen Ausdruck findet, die das innere künstlerische Streben der Sängerinnen und Sänger spiegeln. Und die verleihen auch den Schumann-Liedern "Erstes Grün" (Christa Dalby), aus der "Dichterliebe" (Song Hu Liu) und dem "Liederkreis" (Hans Kittelmann) eigenen Reiz und neue Perspektive.

Der zweite Teil des Abends ist dann der wirklichen Oper gewidmet. Hans Kittelmann ist ein schwärmerischer Xerxes, der das berühmte "Largo von Händel" wieder auf seinen ursprünglichen Platz, die Prächtigkeit der barocken Opernbühne zurückstellt und Maaike de Brujin bindet mit einer Arie aus Turandot’ ihre Riesenstimme in großen italienischen Belcanto. Doch dem stehen ihre Sängerkolleginnen und -kollegen nicht nach. Trotz ihrer, jahreszeitbedingten, wetterbelasteten, leichten Indisposition gestaltet Evdoxia Sotiou ihre Arie aus "Troubadour" mit strahlenden Höhen und klanglicher Differenziertheit. Barbara Pichlbauer formt die Inbrunst des Gebets der Elisabeth an die Gottesmutter "Allmächt’ge Jungfrau" aus Tannhäuser zu tiefer Eindringlichkeit und dem "Lied an den Abendstern" verleiht Song Hu Liu professionelles Timbre. Ein großes sängerisches Potential stellt sich da vor, aber an seiner künstlerischen Präsentation haben die Klavierbegleiter ihren hohen Anteil. Werner Dörmann, Lisa Maria Schachtschneider, Masha Khotimsky und Katja Lunckenheimer binden sich tief in die musikalische Ausdruckswelt der unterschiedlichen Begleitaufgaben zu Lied und Oper ein, fangen die sängerischen Akzente mit pianistischer Sensibilität auf und stützen ihrerseits das musikalische Geschehen mit prägnanter Anschlagskultur. Daneben tritt Katja Lunckenheimer mit dem atmosphärisch dicht interpretierten e-moll Nocturne von F. Chopin als Solistin auf und Lisa Maria Schachtschneider löst - mit Recht - mit ihrer furios-virtuosen, dabei nie in blanke Vordergründigkeiten abgleitenden Aufführung des Faust-Walzers von F. Liszt wahre Beifallsstürme aus. Bleiben - last not least - zwei ,instrumentale Gäste’ an diesem Abend nachzutragen: Hanna Löwen, die auch schon der Xerxes-Arie cellosatte Sonorität beigegeben hat, stellt sich mit 3 Sätzen aus den Solosuiten für Violoncello von J.S. Bach vor und erfüllt sie mit der Strenge barocker Sinnlichkeit und Matthias Wehr explodiert in der rauschhaften Virtuosität eines wahren Tanzvulkans für Klarinette und Klavier des russischen Komponisten S.N. Wassilenko.

"Musik in Scheune und Kapelle", die von Jürgen Harries geführte und von Bürgermeister Werner Pleyer gestützte Konzertreihe, etabliert sich immer mehr zu einem weit geöffneten Fenster auf die kulturelle und musikalische Zukunft hin. Und die Aussichten sind mehr als positiv.

Wolfgang G.P. Heinsch